Gebraucht­maschinen­handel – Was Sie als Hersteller beachten sollten

Gebrauchtmaschinen sind ein eigenständiges Produkt

Machen Sie sich klar, dass es sich bei Ihren gebrauchten Maschinen um eine eigenständige Produktgruppe handelt, die auch als solche in Ihrer Unternehmensstruktur berücksichtigt werden sollte.

1.) Kaufen Sie richtig ein!

Oft werden gebrauchte Maschinen im Zuge eines Neumaschinengeschäfts zurückgekauft, nach dem Motto Alt gegen Neu. Da neigt der Neumaschinenvertrieb dazu, im Rahmen einer Gegenrechnung den Rücknahmewert der Altmaschine außerordentlich „wohlwollend“ zu taxieren, d.h. die Altmaschine wird deutlich über Marktwert eingekauft und damit dem Kunden ein versteckter Rabatt auf die Neumaschine gewährt. Dieser überhöhte, ausgewiesene Einkaufspreis ist aber eine Hypothek für die Zukunft, denn den werden Sie in der Regel nicht an den späteren Käufer dieser Maschine weitergeben können. Sie sind in diesem Falle gut beraten, dies in Ihrer internen Verrechnung zu korrigieren, andernfalls werden Sie sich wundern, wie schnell Ihr Gebrauchtmaschinenhandel zum Verlustgeschäft wird, wohingegen der Neumaschinenhandel durch gute Zahlen brilliert.

2.) Entwickeln Sie das richtige Produktverständnis!

Sie bzw. der Vertrieb muss die gebrauchten Maschinen als vollwertige Produktgruppe begreifen, und nicht als „Altmetall“. Sie unterstreichen als Hersteller mit Ihrem Engagement in Gebrauchtmaschinen die Werthaltigkeit Ihrer Produkte auch noch nach vielen Jahren Produktionsleistung. Das liefert Ihnen auch gute Argumente im Neumaschinenvertrieb.

Gebrauchtmaschinen sind auch kein Notnagel für die Kunden, die nur wenig Geld ausgeben können! Wenn Sie das Geschäft richtig anpacken, werden Sie auch Kunden haben, die sich vielleicht als C-Kunden bei Neumaschinen, aber zu absoluten A-Kunden bei Gebrauchtmaschinen entwickeln. Das können Ihre treuesten Kunden werden, denn Gebrauchtmaschinengeschäft ist mehr als alles andere Vertrauenssache. Der Vertrieb ist gut beraten, schon bei den ersten Projektgesprächen mit dem Kunden dessen Einkaufstendenz zu ermitteln und dann die richtige Produktschiene für die weitere Argumentation auszuwählen. Wichtig ist schließlich, dass der Kunde Ihr Produkt kauft, ob gebraucht oder neu, ist zweitrangig.

Motivieren Sie Ihren Vertrieb! Sie müssen sicherstellen, dass der Vertrieb das Produkt „gebrauchte Maschine“ richtig versteht und einordnet. Dies unterstützen Sie dadurch, dass Sie das Bonussystem des Neumaschinenverkaufs auch auf die gebrauchten Maschinen anwenden.

Bewerben Sie Ihr Gebrauchtmaschinengeschäft, verweisen Sie voller Stolz auf die „Unverwüstlichkeit“ Ihrer Konstruktion, die Sie genau zu diesem Schritt bewogen hat. Vergessen Sie nicht zu bemerken, dass Sie einen erheblichen Beitrag auch zur Ressourcenschonung leisten und damit umweltgerechter produzieren als andere.

Operieren Sie – auch im Gebrauchtmaschinenvertrieb – strategisch. Warten Sie nicht nur, bis Kunden bei Ihnen nach einer guten „Gebrauchten“ nachfragen. Bieten Sie geeignete Gebrauchtmaschinen ganz gezielt potentiellen Kunden an, von denen Sie wissen, dass deren Maschinenbestand extrem überaltert ist, die aber erfahrungsgemäß nicht das Budget für Neumaschinen haben.

3.) Entwickeln Sie ein technisches Konzept!

Als Hersteller müssen Sie das Gebrauchtmaschinengeschäft auch technisch professioneller abwickeln als Händler, das wird von Ihnen erwartet und dafür sind die meisten Kunden auch bereit, etwas mehr zu bezahlen. Wenn Sie einem Kunden eine 20 Jahre alte, gebrauchte Maschine verkaufen, dann dürfen Sie ihm nicht ein Jahr später die technische Betreuung mit dem Hinweis versagen, die Maschine sei zu alt.

Zulieferkomponenten haben Modellzyklen von zwei bis drei Jahren, und bei den Steuerungssystemen haben Sie spätestens nach 10 Jahren die ersten Versorgungsprobleme. Sie sollten also Reparieren nicht mit Restaurieren verwechseln und in Ihrem eigenen Interesse die Maschinen vor dem Verkauf gezielt modernisieren, d.h. Sie sollten frühzeitig eine konstruktive Begleitung sicherstellen. Das klingt aufwendiger als es tatsächlich ist, wenn man sich um entsprechende Standardisierung bemüht und gezielt Teilesynergien mit dem Neumaschinengeschäft sucht. Hier können Sie Ihre Vorteile als Originalhersteller in hohem Maße ausspielen. Natürlich sollen Sie nicht Ihr Neumaschinengeschäft durch eine solche Modernisierung kannibalisieren, aber eine Beschränkung der Teilvielfalt ist auch für Sie von Nutzen.

4.) Achten Sie auf kompetentes Personal!

Die Reparatur und Modernisierung einer Maschine erfordert eine weitaus höhere handwerkliche Kompetenz als die Montage einer Neumaschine. Sie benötigen Mitarbeiter, die wissen, wie man fachgerecht repariert und auch beurteilen können, bis zu welchem Grade eine Komponentenreparatur noch lohnt. Es gibt Unternehmen, die lassen Gebrauchtmaschinen von ihrem Servicemitarbeitern reparieren, die dann in den Innendienst geholt werden. Das kann für Engpässe eine Option sein, allerdings wird es Ihnen vermutlich wie den meisten Maschinenbauunternehmen gehen – Ihr Engpass liegt insbesondere im Service.

5.) Organisieren Sie das Geschäft passend zu Ihrer Unternehmensstrategie und zu Ihrer Unternehmensstruktur.

Hierzu gibt es drei Hauptmodelle, wie Hersteller das Gebrauchtmaschinengeschäft betreiben. Alle haben bestimmte Vorzüge und auch Nachteile, die richtige Wahl hängt sehr stark von der Branche und dem Stellenwert ab, den gebrauchte Maschinen in dieser Branche haben oder haben könnten.

integriertes Modell

Beim integrierten Modell ist der Neumaschinenvertrieb auch verantwortlich für das Gebrauchtmaschinengeschäft.

Für die Reparatur werden Mitarbeiter des Service verpflichtet.

Vorteile: Ein Vertriebskontakt zum Kunden, kein interner Wettbewerb.

Nachteile: Mangels eigener Struktur lange Lieferzeiten auch für gebrauchte Maschinen, Interessenkonflikt im Vertrieb (Gebraucht-maschine ist nur Notnagel), keine klare Verantwortung für die Reparaturkosten.

Das integrierte Modell ist untauglich, wenn der Gebrauchtmaschinenmarkt eine interessante Größenordnung hat und schon weitgehend entwickelt ist. Mit dieser Struktur gegen etablierte Händler anzutreten wird kaum erfolgreich sein.

Das Spartenmodell

Das Spartenmodell trägt den Bedürfnissen einer schlag-kräftigen Abwicklung und eines pro-aktiven Vertriebs besser Rechnung. Hier bildet der Gebrauchtmaschinenvertrieb eine Einheit mit integrierter Reparaturabteilung. Dort lässt sich auch der Zugriff auf bestimmte Fertigungsmaschinen organisieren, entweder in der eigenen Fertigung oder bei Subunternehmen im unmittelbaren Umfeld. Da im Reparaturgeschäft immer „mal eben“ etwas gedreht, geschliffen, gefräst oder gebohrt werden, ist hierfür eine Werkstatt mit unbürokratischem Zugriff von essentieller Bedeutung.

Vorteile: Kare Verantwortung für Termine und Kosten (Profitcenter!), klare Ausrichtung des Vertriebs.

Nachteile: Interne Wettbewerbssituation mit Neumaschinenvertrieb, eventuelle zwei Vertriebskontakte zum gleichen Kunden.

Das Spartenmodell hat seine Funktionalität schon vielfach bewiesen, sofern sichergestellt ist, dass der interne Informationsfluss und die Abstimmung zwischen den Vertriebsbereichen funktioniert.

 

Ausgliederung des Gebrauchtmaschinenhandels

Eine weitergehende Variante ist die Ausgliederung des Gebrauchtmaschinenhandels in ein eigenes Unternehmen, gegebenenfalls sogar unter eigenem Namen. Dieses Modell war in den Anfangszeiten, als der Gebrauchtmaschinen-handel für Hersteller den Geruch von mangelnder Seriosität hatte, sehr verbreitet. Man befürchtete eine Schädigung der eigenen Marke. Bestimmte Rechts-formen wie Aktiengesell-schaften bevorzugen deshalb auch heute noch das Modell des Outsourcing in eine eigene GmbH. Wobei anzumerken ist, dass selbst eine kleine Gebrauchtmaschinen-GmbH einen bezogen auf ihre Größe nicht unerheblichen Kapitalbedarf in der Anfangsphase hat, denn neben der Werkstatt und dem Personal muss auch ein gut sortiertes Gebrauchtmaschinenlager finanziert werden.

Vorteile: Komplett getrenntes Unternehmen mit eigener Verantwortlichkeit und eigenem Handlungsmöglichkeiten, volle Kostentransparenz

Nachteile: Synergieeffekte sind nur begrenzt nutzbar bzw. erfordern gezielte Organisation und Abrechnung (z.B. Produktverbesserung durch Reengineering), Wettbewerbssituation zwischen zwei Unternehmen, zwei Vertriebskontakte zum gleichen Kunden, bei separater Marke können Marketingeffekte nur begrenzt in der einen oder in der anderen Richtung wirkungsvoll genutzt werden.

Auch das Outsourcingmodell hat sich bewährt, kommt aber nicht mehr so häufig zum Einsatz. Grundsätzlich muss, wie schon erwähnt, das gewählte Modell zum Unternehmen und zur Unternehmensstrategie passen.

Wenn Sie die vorstehenden Hinweise beachten, haben Sie eine gute Chance, das Gebrauchtmaschinengeschäft nicht nur nutzbringend für Ihr Unternehmen und Ihre Marke, sondern auch profitabel zu gestalten. Aber die Messlatte hängt bereits ziemlich hoch, viele Gebrauchtmaschinenhändler agieren hochprofessionell auf internationaler Ebene und bieten zunehmend auch umfangreiche Servicemodelle an. Maschinenhersteller müssen sich klarmachen, dass eine offensive Behandlung des Themas Altmaschine in ihrem eigenen Interesse liegt.

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